Zum Europatag am 09. Mai habe ich die Mitglieder des Ortsrates von Lauterbach zu einem Treffen an der Grenze mit dem Bürgermeister von Carling Gaston Adier und seinen Stellvertretern eingeladen. Vor 70 Jahren, am 09. Mai 1950 schlug der französische Außenminister Robert Schumann in einer Regierungserklärung die Schaffung einer europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vor. Das war die Geburtsstunde der Europäischen Union. Vor 35 Jahren am 14. Juli 1985 wurde das Schengener Abkommen geschlossen, dessen sichtbares Zeichen der Abbau der Schlagbäume an den Grenzübergängen war. Seitdem haben sich die Beziehungen zu unseren Nachbarn stetig verbessert und vertieft.
Mit dem Treffen an der Grenze, das Gaston Adier angeregt hat, und dem gemeinsamen Hochhalten der europäischen Fahne haben die Anwesenden ihre gegenseitige Wertschätzung bekundet, Solidarität und gegenseitigen Respekt gezeigt. Die Demonstration war auch für ein Europa ohne Grenzen. Als kleines Symbol dafür galt der getrunkene Wein, den seit einigen Jahren französische, luxemburgische und deutsche Winzer im Dreiländereck als Zeichen ihrer Verbundenheit produzieren.
Dieses Treffen war für mich auch ein deutlicher Widerspruch an verantwortliche Politiker und Politikerinnen, die Ressentiments gegenüber unseren Nachbarn sagbar machen, denn dafür habe ich kein Verständnis. An dieser Stelle erlaube ich mir Josephine Ortleb zu zitieren: „Wenn wir eines aus der langen Geschichte des deutsch-französischen Verhältnisses gelernt haben, dann, dass nie wieder so über einander geredet werden darf, dass nie wieder mit dem Finger auf unsere Nachbarn herab geschaut werden darf und dass es nur einen Weg gibt – und zwar den gemeinsamen Weg zu mehr Miteinander, Freundschaft, Zusammenarbeit und Vertrauen. Darin liegt die Zukunft.“
Aus dieser Sicht habe ich auch kein Verständnis für Äußerungen von einem Mitglied des Ortsrats, das in sozialen Medien die Veranstaltung abtut, als sei es um effekthascherische Symbole gegangen oder von einem langjährigen Mitglied dieses Gremiums, der das Begehen eines wichtigen europäischen Jubiläumstages als lächerlich bezeichnet und eine Instrumentalisierung von Kindern behauptet.
Man kann die Grenzschließungen von mir aus auch gutheißen, dann erwarte ich dazu aber begründete Argumente und keine Diffamierungen und Herabsetzungen derjenigen, die das anders sehen und vor allem auch empfinden. Das tut unserer Dorfgemeinschaft und den Beziehungen zu unseren europäischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Frankreich nicht gut. Zerbrochenes Porzellan – Vertrauen -, das im Rahmen der Grenzschließungen zerschlagen wurde, lässt sich damit nicht wiederherstellen.
Dieter Peters
Lauterbach, 27.05.2020