Agitationsbezirk Völklingen
„Volkessstimme“ vom 14. September 1932 |
Zur Koordinierung der gemeinsamen Anstrengungen und als Bindeglied zwischen dem Ortsverein und dem Landesvorstand hatte die SPD „Agitationsbezirke“ eingerichtet. Dem Bezirk Völklingen stand mehrere Jahre Johann Klein vor. In einer Agitationsbezirkskonferenz im Januar 1928 referierte Anton Betz. Es ging dabei um die im gleichen Jahr stattfindenden Landesratswahlen, also den Wahlen zum Saarparlament. Dieses hatte zwar fast keine Kompetenz, kein Budgetrecht, kein Recht, Gesetzte zu verabschieden, die Abgeordneten genossen auch keine Immunität. Doch war dieser Landesrat eine wichtige Institution, um Forderungen zu artikulieren, Regierungsbeschlüsse und –Verordnungen zu kommentieren und so über diesen Weg Veränderungen anzustreben. Dazu gehörte dann auch die Auseinandersetzung mit den politischen Gegnern oder das Suchen nach gemeinsamen Positionen.
In der oben zitierten Konferenz wurde auch der Vorstand neugewählt. Vorsitzender wurde Adolf Zimmer aus Fürstenhausen, 1. Schriftführer Duchene aus Völklingen, 1. Kassierer Josef Lorenz aus Völklingen,
Im August 1928 leistete der Agitationsbezirk Völklingen eine Art „Entwicklungshilfe“. Es war aufgerufen worden, „mit Kund und Kegel“ an einer „Bannerweihe der Ortsgruppe Derlen“ teilzunehmen. Damals hatten Fahnen als Symbole der Arbeiterbewegung eine besondere Funktion. Sie wurden auch nicht einfach angeschafft und bei entsprechenden Gelegenheiten mitgetragen. Franz Glauben aus Dillingen, der nach dem Kriege Verwaltungschef des Völklinger Knappschaftskrankenhauses war und bei dem auch die Gründung des Völklinger Ortsvereins der Deutschen Sozialdemokratischen Partei (DSP) stattfand, schrieb 1928 in der Volksstimme: Die Fahne bedeute nur dann etwas, wenn sie von Menschen getragen werde, „die aus den tiefsten Gründen ihres Selbst für ein hohes Ziel zu streiten wissen. Dem Proletariat, dem von Kummer und Sorge tiefgebeugten Arbeitsvolk… ihm soll dieses rote Banner vorangetragen werden in dem unermüdlichen, zähen Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit, in dem täglichen unermüdlichen Ringen der Ausgebeuteten mit dem Ausbeuter. Um dieses Banner scharen sich die Frauen und Männer der Sozialdemokratischen Partei…“
Diese „Bannerweihe“ wurde ein Ereignis für Derlen. Dort rückten die Agitationsbezirke Saarlouis und Völklingen an. In einem Zeitungsbericht heißt es: „Insbesondere gebührt dem Agitationsbezirk Völklingen an diese Stelle alle Anerkennung und Hochachtung, denn seiner Initiative ist das Gelingen des Festes zu verdanken. Genossinnen und Genossen des Agitationsbezirkes Saarlouis sahen mit Staunen und Bewunderung die stattliche Zahl Kinder, Jugendlicher wie auch die Frauen und Männer, die von der Ortsgruppe des Völklinger Bezirkes ankamen.“
Mit dem Anfang November veröffentlichten Kommunalwahlprogramm war eine präzise Orientierung gegeben. Es gliederte sich in die Bereiche Schule, Gesundheitswesen, Boden- und Wohnungspolitik, Wohlfahrtspflege, Arbeiter-Politik und Verdingungswesen.
In den Jahren zwischen 1929 und 1932 änderten sich die gesellschaftlichen Bedingungen auch für die Kommunalpolitik grundlegend. Mit der Weltwirtschaftskrise wurden alle bis dahin bekannten Probleme verschärft: Massenarbeitslosigkeit und Massenelend, der Wirtschaftkrise verbunden war die Finanzkrise. Im Saargebiet wurde die im Reich praktizierte Politik der Notverordnungen, des Lohnabbaues, des Rentenabbaues und der Kürzung der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe nachvollzogen.
Im linken Spektrum gewann die KPD, die 1926 sieben Mandate hatte erringen können, von der sich aber 1929 die KP-Opposition abspaltete mit der Folge, dass beide Listen nur je drei Mandate erringen konnten. Inzwischen war ab 1929 der Gemeinderat Völklingen auf 36 vergrößert worden.
Das Jahr 1932 brachte neue Herausforderungen. Im Januar hatte der Völklinger Ortsverein zu einer Protestkundgebung eingeladen. Anlass war eine neue Notverordnung der Regierungskommission, die den Abbau der Sozialversicherung zum Ziel hatte. Der Abbau der Krankengelder habe ebenfalls eingesetzt und 10% der Arzneimittelkosten seien auch zu tragen. Wolle man sich gegen all die unsozialen Maßnahmen wehren, müsse man sich zusammenschließen, hieß es.
Am 7. September referierte Max Braun erneut in Völklingen, diesmal im Bürgerbräu. Zu Beginn kam es zu einem Zeremoniell, das in jener Zeit meist bei Kundgebungen der Eisernen Front praktiziert wurde: Begonnen wurde mit einem Fahneneinmarsch der SAJ,“ an deren Spitze der Genosse Braun in Begleitung des Vorsitzenden und der technischen Leiter der Eisernen Front, von den Versammelten stürmisch begrüßt, einmarschierte. Nach einem Fanfarenchor der SAJ und einem Marsch des Trommler- und Pfeiferkorps des Reichsbanners sowie einem ausgezeichneten Sprechchor der SAJ“ wurde die Veranstaltung eröffnet. Der Zeitungsbericht vermerkt, dass Braun das Wort erhalten habe, „um mit den Häuptlingen der deutschen Reaktion, den Blutfeinden der deutschen Arbeiterklasse, gründlich abzurechnen.“
Im Februar 1932 fanden Wahlen zum Landesrat statt, bei denen die Nazi-Partei erstmalig kandidierte, zwei (von 30) Mandate errang und 6,7% der Wählerstimmen.
Der Veränderungen im Wählerverhalten hatten mehrere Ursachen. Die Kommunisten hatten – auf der politischen Linken – die radikalen Antworten auf die Fragen die in jeder Zeit aufgeworfen waren. Ihre Landesmandate stiegen von fünf auf acht.
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