Konzernchefs von Siemens bis zur Allianz wollen, dass der Euro gerettet wird – aber gefälligst ohne ihre Hilfe. In der Währungskrise müssten alle zusammenstehen, doch die Wirtschaft versagt moralisch. Sie will Gewinn machen, ohne für Risiken zu haften.
Eigentum verpflichtet, fordert das Grundgesetz. Wer in der Bundesrepublik produziert und verdient, hat demnach andere Aufgaben als nur die Gewinnmaximierung allein. Doch einige deutsche Manager verhalten sich ganz anders. Seit die Welt durch irre Spekulationen in die Finanzkrise rutschte, rufen die Bosse den Staat zur Hilfe. Wenn sie dagegen selbst helfen könnten, halten sich die Herren vornehm zurück. Der Steuerzahler soll es richten, und zwar allein. Genau das verlangen die Manager jetzt auch in der Euro-Krise.
In einer Anzeigenkampagne sprechen sich Konzernlenker von der Allianz über die Deutsche Bank bis zu Siemens für die Rettung der Währungsunion aus. Das ist verständlich, denn die deutsche Wirtschaft profitiert wie keine andere davon, dass der Euro die Handelsgrenzen niederwalzt. Dessen Rettung werde „viele Milliarden Euro kosten“, schreiben die Herren, aber der Euro sei diesen Einsatz allemal wert. Beschämend nur, dass sie selbst jeden Einsatz für Griechenland und andere marode Staaten verweigern.
Just an dem Tag der Anzeige lehnten die deutschen Banken einen Schuldenerlass für Athen ab – es sei denn, so die dreiste Forderung, der Staat nehme ihnen das Risiko ab. Dabei gilt in der Marktwirtschaft, auf die sich die Manager sonst stets berufen, ein einfacher Grundsatz: Wer investiert, kassiert die Gewinne, aber er haftet auch für die Risiken.
Die Süddeutsche, 22./23. Juni 2011